Das finde ich total beeindruckend...sagt der "olle" KARINA STURM ~ eine Frau mit Blasenschwäche, die zu 100% im Leben + in der Öffentlichkeit steht ~ outet sich auf bemerkenswerte Weise Hut ab... Frau Sturm Blog - Aktuelle Neuigkeiten
Als mein Ehemann Windeln für mich kaufte ! *Originaltext https://www.karina-sturm.com/als-mein-ehemann-windeln-fuer-mich-kaufte/UMFRAGE s.o. > Was sagt ihr dazu, hättet ihr auch den Mut dazu euch so öffentlich zu OUTEN *Als mein Ehemann Windeln für mich kaufte !
von Karina Sturm.„Willst du lieber die von Tena oder die von Always?“, fragt mein Mann.
Ich antworte grummelig: „Mir egal, welche auch immer mehr Flüssigkeit fassen.“
„Die hält eine ganze Blasenfüllung aus“, erwidert er.
„Nimm einfach irgendeine, mir völlig egal!“, werde ich schroffer.
Ich will nicht über Windeln reden. Ich bin gerade erst 30 Jahre alt. Dass wir trotzdem darüber sprechen müssen, macht mich nicht nur traurig sondern viel mehr wütend. Wer will schon mit dem Menschen, den er gerade geheiratet hat, über die aktuellen Blasenprobleme sprechen ?
Das ist nicht die Form von Bettgeflüster, die ich mir vorgestellt hatte, und dass ich jemals ein solches Gespräch vorm Schlafengehen führen würde, hätte ich nie erwartet.
Seit einigen Wochen habe ich große Schwierigkeiten mit meiner Blase. Ein ständiger Harndrang erschwert mir den Alltag. Ich spüre meine Blase bei jedem Schritt. Es sticht, brennt und sie fühlt sich immer gefüllt an, auch wenn sie gerade entleert wurde. Manchmal muss ich alle zehn Minuten zur Toilette.
Die Ärzte tappen noch im Dunklen. Vermutlich neurologisch, heißt es. Könnte meine Bandscheibe sein; könnte bleiben, könnte wieder verschwinden. Wer weiß das schon.
Ich sehe nur eine Sache:
Eine 30-jährige Frau, die anstatt bei Victoria’s Secret die neueste Kollektion zu shoppen neuerdings bei Amazon Windeln kauft, oder besser, kaufen lässt !
(Denn mir ist diese Situation mehr als unangenehm.
Ich fühle mich unattraktiv, alt und kränker als je zuvor.)Während mir Gedanken in den Kopf schießen, wie mein Leben wohl in weiteren 7 Jahren aussehen würde, sitzt mein Mann fröhlich grinsend neben mir und erzählt,
dass "WIR" die neuen Windeln gleich am Wochenende ausprobieren müssen. Schließlich muss alles erst getestet werden, bevor es im Alltag eingesetzt werden kann, ganz der Wissenschaftler.
„Ich hab’ mir gerade auf einer Seite für Inkontinenz einen Vergleich verschiedener Marken durchgelesen“, wird mir mitgeteilt. Ich motze, ich will das alles nicht.
Es macht mich sauer, dass er die ganze Situation so entspannt sieht, nichts ist entspannend daran in die Hose zu machen. Ich kann seinen Enthusiasmus nicht nachvollziehen und mit jedem gut gelaunten Spruch über meine neuen Windeln werde ich wütender.
Ich schreie ihn an:
„Wie kannst du dich nur so darüber freuen, dass deine Frau Windeln tragen muss ?“„New York“, sagt er ruhig und plötzlich ist mir alles klar.
Er erinnert mich an einen Ausflug, den wir vor zwei Jahren zusammen unternommen und der ihn extrem gestresst hatte. Damals war ich für eine alternative Therapie in Chicago, er lebte in Boston. Als ich ihn besuchte, entschieden wir uns spontan für ein Wochenende nach New York zu fahren. Da ich nicht mehr Auto fahren kann, musste Markus uns durch den verrückten New Yorker Verkehr chauffieren. Fahren in dieser Stadt ist für viele Touristen eine Herausforderung, doch Markus hatte zusätzlich noch mich im Auto.
Kurz vor der Abreise zurück nach Boston trank ich eine große Tasse Kaffee. Ich hatte völlig vergessen, wie empfindlich meine Blase auf solche Flüssigkeiten reagierte. Keine zwanzig Minuten später fanden wir uns in der ganz rechten Spur einer siebenspurigen Straße im Stau wieder. Die Stadt hatten wir noch nicht verlassen. Und natürlich musste ich wie aus dem Nichts ganz dringend zur Toilette. Diese Probleme mit meiner Blase kannte ich schon, weshalb ich vor langen Autofahrten keinen Kaffee trank. Doch war ich von dem anstrengenden Wochenende so erschöpft, dass ich diesen Vorsatz völlig vergaß.
Meine Blase fing an stark zu schmerzen – wie Messerstiche im unteren Bauchbereich. Ein starker Druck entstand und die Blase war kaum noch kontrollierbar. Innerhalb kürzester Zeit bauten sich diese Schmerzen soweit auf, dass ich kaum eine Wahl hatte, wo ich meine Blase entleerte. Wenns sein müsste, auch im Auto. Ich wurde dementsprechend ungehalten, wollte ich doch, um alles in der Welt, vermeiden in unseren Leihwagen zu urinieren.
Ich meckerte Markus an und sagte, wir müssten egal wo sofort rausfahren und eine Toilette suchen. Auf der linken Seite sah ich ein Gebäude das aussah wie eine Tankstelle. Ich schrie Markus an: „Fahr da sofort raus!“ Markus schaute sich um. Wir waren immer noch auf der Spur die ganz rechts war. „Wie soll ich denn da rüber kommen?“, fragte Markus verzweifelt. Ich motzte: „Mir egal, aber ich muss jetzt sofort!“ Markus schaffte es im Stau innerhalb weniger Meter ganz nach links zu wechseln und mich aussteigen zu lassen. Ohne zu realisieren, dass wir gerade in Harlem waren, und diese Tankstelle recht wenig einladend wirkte, rannte ich hinein. Fünf tätowierte Männer starrten mich an. In gebrochenem Englisch sagte ich: „I really really really have to pee very urgently, may I please use your restroom?“ Entgeistert brachte mich einer der Männer ohne Worte auf deren Toilette.
Ich kann mich heute kaum noch erinnern wie die Gegend oder die Toilette aussah auf der ich war. Ich war nur froh, dass man mir erlaubt hatte sie zu benutzen. Markus erzählte mir später, dass er etwas besorgt um meine Sicherheit war. Ich glaube, ich sah zu mitleidserregend aus. In dem Zustand hätte mir keiner etwas tun wollen. Die Männer in der Tankstelle habe ich als freundlich und hilfsbereit in Erinnerung, was mir in dem Moment allerdings völlig gleichgültig war.
Dass diese Situation für meinen Mann sogar stressiger war als für mich, realisierte ich erst später.
Meine willkürliche Blase überdeckte jegliche andere Gedanken, i ch realisierte wie egoistisch mich die chronischen Krankheiten machten.
Ich dachte nur an mich, an meine Probleme. Was das alles mit meinem Mann machte, fiel mir erst jetzt auf.
Nun musste ich auch lachen, die Windeln waren für meinen Mann ein Geschenk !
Er hoffte tatsächlich, ich würde diese ab sofort bei jeder längeren Autofahrt tragen und ihm dadurch schwierige Situationen ersparen.
Ich hatte völlig vergessen, dass meine Beschwerden meinen Mann in vielerlei Hinsicht ebenfalls betreffen.Wo ich mich vor jeder Reise unter Druck setze alles perfekt zu planen, jede erdenkliche Toilette zu kennen und möglichst wenig zu trinken, steht er unter ähnlichem Druck, nämlich mich heil von A nach B zu bringen und dabei viele schwierige Situationen zu bewältigen ohne verrückt zu werden.
So kommt es, dass ein Mann seiner Frau auf Amazon Windeln bestellt und dabei strahlt als dürfte er mir neue Unterwäsche kaufen…