Re: Gummihose


  Neues Inkontinenzforum für Erwachsene  

Geschrieben von Franz am 17. Juni 2007 08:45:

Als Antwort auf: Gummihose geschrieben von Helga am 16. Juni 2007 12:36:

Hallo Ihr, hallo Helga,

ich denke es macht einen entscheidenden Unterschied ob ein Kind eine Gummihose gezwungenermaßen tragen muss oder dies aus freiwilligen Stücken probiert weil es die Hose in irgendeiner Form interessant findet.

Aus meiner Sicht kann ich sagen, dass ich Gummihosen als Kind wirklich gehasst habe und ich mir nichts lieber gewünscht hätte als ohne auskommen zu dürfen.

Weil ich (bedingt durch eine angeborene Fehlbildung) nie zuverlässig trocken war habe ich in meiner Kindheit unter dem Druck meiner autoritären Eltern immer eine Gummihose tragen müssen: ob tags oder nachts, ob Sommer oder Winter, ob Ferien oder Weihnachten, ich hatte keine Wahl.

Das hatte für mich viele Folgen. Ich schämte mich zutiefst. Am liebsten habe ich auch im Sommer lange Hosen getragen weil ich befürchtete jemand könnte unter den kurzen Hosen die Gummihose sehen. Sport habe ich wenig gemacht, bin nicht mit Fußball spielen gegangen und bin auch nicht in die Schwimmstunde gegangen, aus lauter Angst mich bloßzustellen.
Besonders schlimm fand ich, wenn zuhause Besuch übernachtet hatte und wir das Bad teilen mussten. Immerhin konnte ich später durchsetzen, dass ich, wie die Erwachsenen, die Tür zuschließen durfte wenn ich im Bad war, so dass mich niemand sehen konnte.
Auf Klassenfahrt war ich in einem Zimmer mit einem spastisch behinderten Mitschüler; er war anständig und intelligent und wir haben uns gegenseitig in Ruhe gelassen anstatt uns am Unvermögen des anderen zu ergötzen.

Doch ganz oft habe ich mich diskriminiert gefühlt und als Außenseiter empfunden. Das ging so weit, dass ich manchmal heimlich die Gummihose ausgezogen habe, was meine Eltern mit drastischen Strafen wie Hausarrest, Fernsehverbot oder Taschengeldentzug ahndeten.
In der Pubertät war ich oft am Verzweifeln. Kontakte zu Mädchen traute ich mir kaum zu, und auch später hörte jede Freundschaft spätestens oberhalb der Gürtellinie auf.

Erst als ich im jungen Erwachsenenalter 2x operiert wurde und Kontakt zu ähnlich Betroffenen bekam, konnte ich meine Einstellung etwas ändern und relativieren. Ich wurde lockerer und sah die Gummihose und Windeleinlagen nur noch als „Hilfsmittel“ wie andere eine Brille oder Gehstock hatten. Ich musste auch erkennen, dass es weitaus schlimmere Behinderungen gab, und sagte mir „besser nur ‚ne Gummihose tragen müssen als im Rollstuhl sitzen“

Heute, mit knapp vierundvierzig Jahren trage ich Gummihosen wie normale Unterwäsche als ganz selbstverständlichen Schutz. Es hat sich, auch dank meiner Frau, eine Normalität eingestellt, über die nicht diskutiert wird und die das Tragen der Gummihose in der Alltäglichkeit anderer Dinge untergehen lässt.
Vergessen und verdrängt sind die teilweise belastenden Erlebnisse aus der Kindheit. Aus dem Hass gegenüber der Gummihose in der Kindheit hat sich mit den Jahren ein beruhigendes Gefühl der Sicherheit entwickelt.
Auch das Ausprobieren zahlreicher Alternativprodukte wie Pampers oder Pants hat die Gummihose als bevorzugtes Hilfsmittel nicht verdrängen können. Warum? Aus jahrelanger Gewohnheit? Oder weil sie immer noch günstig (weil wieder verwendbar) und effektiv schützt? Ich habe nie darüber nachgedacht. Aber ich finde eine schlichte, gut sitzende Gummihose (ich bin kein Fan von Knöpfhosen oder sonstigen Spielereien) einfach angenehmer zu tragen als teure, weniger gut sitzende und auftragende Einmalprodukte.

Viele Grüße
von
Franz


> Wer hat schon ähnliches erlebt. Helga



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